Schlaflos in Hamburg - Oder: Ein Königreich für erholsamen Schlaf

Diesen Blogartikel so wie auch viele Erkenntnisse und gelernte Lektionen würde es wohl heute nicht geben, wenn ich nur in Hamburg schlaflos gewesen wäre... Also ein herzliches Dankeschön an meinen Schlaf und alles, was ihn gestört hat.

 

Solange ich mich erinnern kann, hatte ich immer mal wieder Schlafprobleme. 

Heute schlafe ich zwar noch nicht ganz wie ein Baby, aber es fehlt nicht mehr so viel. Der Weg dahin war allerdings eine Odyssee.

 

In meiner Jugend begann es damit, dass ich hin und wieder nach der ersten Nachthälfte aufwachte und eine seltsame Nervosität von mir Besitz ergriff. Ich konnte einfach nicht mehr ruhig liegen und musste erst einmal aufstehen. Meist war dies mit einem Toilettengang verbunden, der mich den 11 Meter langen Flur zum Bad hinunter führte, was mir aufgrund der Bewegung sehr entgegen kam. Wieder im Zimmer angekommen, streckte ich mich im Stehen noch einmal ordentlich und konnte danach weiterschlafen. Ich dachte mir anfangs nicht viel dabei, kam es ja auch nur mal sporadisch vor. Falls ich jemandem davon erzählt haben sollte, erntete ich höchstwahrscheinlich nur ein Schulterzucken oder einen hilflosen Gesichtsausdruck.

 

Mein Körper sprach das erste Mal zu diesem Thema mit mir, aber es war mir nicht bewusst.

 

Die Jahre vergingen und ich stellte fest, dass mein Schlaf  generell leichter war, als der anderer Menschen. Während meine Freunde auch bei lauteren Geräuschen in ihrer nächtlichen Traumwelt blieben, wachte ich bei jedem kleinen Pieps auf. Andere schnarchten sich während der Klassenfahrt im Stockbett-Zimmer durch die Nacht, ich lag bis zum Morgengrauen wach. Es gab einige solcher Erlebnisse, und in fremden Betten kam Tiefschlaf erst gar nicht zu Stande. 'Ich habe eben einen leichten Schlaf '  wurde zu meinem Glaubenssatz und ich fragte mich damals schon, wie die Eltern meiner Freunde es schafften wieder einzuschlafen, nachdem sie mitten in der Nacht eine Abholfahrt aus der Disco hinter sich hatten. Wohlgemerkt durfte man sie dafür sogar aus dem Bett klingeln.

Wenn mich später in einer Mietswohnung ein lauter Nachbar weckte und mich mein Ärger darüber so schnell nicht wieder einschlafen ließ, wusste ich natürlich auch schon, wie ich mich am nächsten Tag fühlen würde. Eine selbsterfüllende Prophezeiung und ein weiterer Glaubenssatz waren geboren. Auch Vögel, die mir in Sommernächten anzeigten, dass wir es ungefähr 3 Uhr morgens hatten, machten es mir nicht leicht. Irgendwann muss ich mich dazu entschieden haben, mir Ohrstöpsel anzuschaffen. Und bis ich die richtigen gefunden hatte, die in den Ohren nur minimal unangenehm waren, dauerte es seine Zeit. 

Ohrstöpsel bewahren nun leider nicht vor allen Geräuschen, bestimmte Frequenzen finden doch den Weg in den Gehörgang.  Und so verzweifelte ich die eine oder andere Nacht, als ich in ein Haus eingezogen war, indem es zwei Nachbarn gab, die jeweils eine Standuhr mit lautem Gong beherbergten. Jede volle Stunde wurde die entsprechende Uhrzeit gezählt. Eins, zwei, drei, vier... Wer nun schlussfolgert, es ging bis 12, der irrt. Denn es waren ja zwei Uhren. Und beide waren so perfekt eingestellt, dass sie mit ihrer Kundgebung exakt aufeinander folgten. 

Stündlich wurde ich also mit bis zu 24 Gongschlägen gestört, und das Haus bestand aus Pappe. Nach einiger Zeit war an tiefen Schlaf überhaupt nicht mehr zu denken. Während ich verlernte, in längere Schlafphasen zu versinken, plantschte über mir ein Fisch in der Badewanne und verkündete neben der Gonguhr, dass es 5 Uhr morgens war. Der Fisch war ein älterer Herr, der mir eines Tages im Treppenhaus von seinem Ritual berichtete,  morgens nach dem Klingeln des Weckers zunächst einmal einige Zeit auf der Bettkannte zu sitzen, um anschließend einem morgendlichen Bad zu fröhnen.... dabei "plansche" er eine halbe Stunde nach Herzenslust so vor sich hin.  Als ich mich über diese Geräuschkulisse beschwerte, entgegnete seine Frau: 'So jung... und dann schon so empfindlich??' -  'Eher weniger schwerhörig', dachte ich entnervt. 

 

Kurze Zeit darauf hatte ich endlich die Gelegenheit, die Wohnung zu wechseln (zu "unbewusstem Manifestieren" ergibt sich bestimmt auch noch ein Blogartikel), und so zog ich bei meinem Freund ein. Der Zweifach-Gong wurde gegen eine viertelstündlich schlagende Kirchenuhr ausgetauscht, die sich ebenso wie die U-Bahnlinie in nächster Nähe befand. Abgesehen davon, dass die Geräuschkulisse sich nur minimal zum Besseren verändert hatte (es gab nun wenigstens keinen vorm Fernseher abhängenden St.Pauli-Fan mehr, von dem ich jeden Abend jedes Wort und jeden Sat.1-Jingle durch die Pappdecke hörte), fing mein Körper wieder an mit mir zu sprechen. Neben der Tatsache, dass ich das Schlafen nun wirklich verlernt hatte, erinnerte er mich daran, dass es noch ein anderes ungelöstes Problem gab. Dem sollten wir uns doch nun mal annehmen und so störte er mich wieder mit nächtlicher Nervosität. Jetzt war es nicht mehr mit aufstehen, Pipi machen, strecken und wieder ins Bett gehen getan. Ich lernte aber zu meiner Erleichterung, dass es half, eine Banane zu essen. Mitten in der Nacht stand ich am Küchenfenster, starrte in die Nacht hinaus und futterte vor mich hin. Mittlerweile war ich tagsüber ein Häufchen Elend, fühlte mich schrecklich und mein Partner musste es aushalten. Ich war inzwischen furchtbar neidisch auf ihn und seinen wunderbaren Schlaf. Was ich auch versuchte, nichts half, und so lieferte ich mich selbst in ein Schlaflabor ein. Bevor es ins Bett ging, wurde ich ordentlich verkabelt, um dann die nächsten Stunden mit technischen Geräten und Kamera überwacht zu werden. Wunderbare Umstände, die es einem außerordentlich leicht machen, sich zu entspannen und wie selbstverständlich in den Schlaf zu sinken. Nachdem ich so die erste halbe Stunde da lag und sich natürlich nichts tat, bimmelte das erste Mal die Kirchenuhr zur vollen Stunde..... 

Völlig gerädert wurde ich am nächsten Morgen entkabelt und bekam vor meiner Abreise noch einen Termin bei meinem Hausarzt mit. 

Ich nahm diesen eine Woche später noch in der Hoffnung war, dass er mir vollständig helfen könne. Er begrüßte mich mit dem Satz: "Sie haben ja überhaupt nicht geschlafen!" - ach was! - und da ich augenscheinlich eine gesunde junge Frau war, konnte es offenbar nur an meiner Psyche liegen. Der Arzt war freundlich, nahm sich Zeit, hörte mir zu und empfahl mir ein Buch. Mein Buch vom guten Schlaf. Es brachte mir die eine oder andere Erkenntnis und lieferte wirklich hilfreiche Tricks und Tipps, die allmählich dazu beitrugen, mich zu erholen. Oberflächlich war mir nun erst einmal geholfen, aber die Grundursachen waren nicht gelöst. Das sollte ich in den folgenden Jahren immer mal wieder feststellen. Die nächtliche Nervosität kam und ging und war eben ein Teil von mir. Was hätte mir außer Tranquillizern auch helfen sollen, organisch war ich völlig gesund. Manchmal lagen Monate zwischen zwei Attacken und ich vergaß das Problem immer wieder, bis es sich vor knapp 2 Jahren mit voller Wucht zurückmeldete. Nun waren es plötzlich mehrere Nächte nacheinander und auch die Intensität stieg stark an.

 

Wieder sprach mein Körper mit mir, und wieder verstand ich ihn nicht.

 

Ich beschäftigte mich mit dem Restless-Legs-Syndrom, aber das passte nicht. Mein gesamter Körper war unruhig, und es kribbelte überall. Dehnen und strecken halfen nicht mehr, es waren ganze Yoga-Abfolgen nötig, um mir wenigstens zwei Stunden Ruhe zu verschaffen. Mir war, als hätte ich stundenlang in einem engen Käfig gesessen, ohne mich dort bewegen zu können. Meine Muskeln fühlten sich verkürzt an, obwohl ich jeden Tag Yoga und Dehnübungen praktizierte.  Pure Verzweiflung stieg in mir hoch, denn ich hatte nun, angetriggert durch eine private Situation, zusätzlich meine alten Schlafprobleme zurück. Ich bekam wunderbare Ratschläge, die von neuer Matratze über Meditation bis warmer Badewanne reichten. Ach nein, ich sollte meine Füße vor dem Schlafengehen auch noch in einen Eimer mit kaltem Wasser stecken. Generell sollte ich mal die Kontrolle loslassen und mich von alten Glaubenssätzen verabschieden. Es sei ja kein Wunder, dass ich keinen Schlaf fände. Auch eine Nacht mal durchzumachen könne mir helfen, mich wieder in den Rhythmus zu bringen.

 

So fühlt man sich doch richtig verstanden, nicht wahr? Ich probierte alles aus, was ich noch nicht versucht hatte. Dies hatte zur Folge, dass sich neue, nicht hilfreiche Glaubenssätze bildeten, die mir das Leben weiter erschwerten. Ich versuchte, ALLES richtig zu machen, immer um die gleiche Zeit schlafen zu gehen, vorher nicht mehr aufreibend zu telefonieren usw. Der Kontrollzwang wuchs und ich verteidigte ihn als unabänderliche Maßnahme. Ich kümmerte mich um äußere Faktoren, wie das Minimieren von Straßenlaternenlicht, stellte zumindest mein eigenes W-Lan ab und besorgte mir eine Entstörungsplatte, die ich unter meiner Matratze platzierte. 

Ich betete, und bettelte mein geistiges Team und andere Wesenheiten an, oder wer denn auch immer für mich und dieses Problem zuständig sei. Da nichts passierte, fühlte ich mich jeden Tag geschwächter, genervter und ärgerte mich über die Umstände und schlussendlich über mich selbst. Niemand konnte nachvollziehen, wie es mir ging, und ich fühlte mich allein. Ich war ein Opfer der Umstände und tat mir selber unsagbar leid. Was hätte ich nur alles für eine Nacht mit gutem Schlaf gegeben? Gefühlt ein ganzes Königreich.

Einen letzten Versuch wollte ich noch mit Homöopathie wagen. Hier hatte ich bereits einige Jahre zuvor großartige Erfahrungen gemacht und bekam recht schnell einen Termin bei der entsprechenden Heilpraktikerin. Nach einer gehörigen Erstverschlimmerung, nach der ich mich fühlte wie ein Wrack, trat tatsächlich Besserung ein. Auch hier benötigt man Geduld, bis sich alles ausbalanciert hat und so harrte ich mehrere Wochen der Dinge. Es ging auf wieder auf und ab und das schreckliche Kribbeln war wieder an der Tages- bzw. Nachtordnung. Tief in mir drin wusste ich, dass es sich auch hiermit nicht lösen lassen würde und sparte mir das Geld für weitere Termine.

Die Rettung nahte auf leisen Sohlen. Ich hatte noch einen anderen dringlichen Wunsch ans Universum abgegeben (den ich auch loslassen konnte), und vier Tage später meldete ich mich für eine Heilerausbildung, die mir "einfach so" über den Weg lief, an. Primär ging es nicht um den Schlaf, die Ausbildung sollte aber schlussendlich eine Teillösung darstellen. 

An einem heißen Juni-Wochenende fand ich mich zum zweiten Mal in einem Seminarraum in Saarbrücken wieder und hatte zwei Tage "Seelenlauf" vor mir. Hier lernt man, sich in den Dienst der Seele eines anderen Menschen oder auch Tieres zu stellen, sein Thema mit allen Sinnen stellvertretend wahrzunehmen, und es mit kreativen Werkzeugen zu lösen bzw. auf den Weg der Heilung zu führen. Für mich ist es ein interessanter Mix aus Reinkarnationstherapie, Familienstellen und anderen Elementen. Ich nahm diesen weiten Weg von Hamburg aus völlig klaglos in Kauf, weil ich spürte, wie unsagbar wichtig es war. Jede Seminarteilnehmerin durfte ein Thema mitbringen, welches dann durch die Gruppe "bearbeitet" wurde.  Bei mir ging es selbstverständlich um den Schlaf. An diesen Tag werde ich mich immer erinnern, denn er veränderte einiges. Eine Ursache, warum ich einfach nicht in den erholsamen Schlaf finden konnte, zeigte sich als karmisches Ereignis. Irgendwann, in einem Leben vor diesem hier, war Schlafen für meine damalige Inkarnation gefährlich. Ich musste wach bleiben, um meine drei kleineren Geschwister zu beschützen. Die Geschichte endete laut der Seminarteilnehmerin, die für meine Seele "gelaufen" war, nicht gut. Sie wollte und konnte nicht weiter hinschauen, was aber auch nicht von großer Wichtigkeit war. Der Heilimpuls war gesetzt und Licht ins Dunkle gebracht. Einige Nächte später, als ich wieder in meinem eigenen Bett schlief, träumte ich von einem grausamen Kindermord. Ich wusste sofort, dass ich die Verbindung zu jenem Ereignis aufgenommen hatte. Ich stand auf, hielt noch in der gleichen Nacht ein spontanes Ritual ab, heulte wie ein Schlosshund und bezog auch die Täter in die heilende Arbeit mit ein, auch wenn es mich einige Überwindung kostete. Wenn wir unser Sein aus einer anderen Perspektive betrachten, erkennen wir, dass dieses Täter-Opfer-Spiel irgendwie zu unserer Entwicklung gehört, und Vergebung ist möglich. Das bedeutet nicht, dass wir gut heißen, was jemand anderer uns angetan hat. Aber wir selbst können diese Geschichte loslassen, und uns von altem Ballast befreien.... der uns, wie ich nun am eigenen Leib erfahren hatte, gehörig den Schlaf und Lebensenergie kosten kann. Dieser Seelenlauf machte den Anfang einer endlos erscheinenden Kette von Auflösungen, die noch nötig waren. Immer wieder zeigte sich etwas Neues, ich trug ordentlich Gepäck mit mir herum. Es folgten Seelenläufe von Kolleginnen zu meinen Nervositätsattacken, die nun oft fast nicht mehr auszuhalten waren. Alte Bilder kamen hoch, wie ich stundenlang gefesselt endlich in den Tod fand, in einem Käfig saß (so wie es sich auch immer angefühlt hatte), und ähnliche Ereignisse durchmachte. Ich trug dieses Leiden "des-sich-nicht-bewegen-könnens" von einem Leben in das nächste. Es fand ja nie eine Auflösung statt, und nun hatte ich den Salat und durfte den kompletten Berg abtragen. Ich erlebte in dieser ereignisreichen Zeit viele erleichternde Momente, allerdings machte sich zwischendurch auch ordentliche Ungeduld breit. Ich wollte mein "Problem" endlich komplett "weg haben", nur so funktioniert es leider nicht. Alles hat seine Zeit und will gesehen werden. Dann kann es endlich von selbst gehen.

Langsam aber sicher besserten sich meine Nächte. Fast jedes Mal, wenn sich wieder eine "gestörte" Nacht zeigte, machte ich am nächsten Tag einen Seelenlauf für mich selbst. Und nicht nur zum Schlaf. Auch andere Herausforderungen nahm ich in Angriff. Da Seelenläufe je nach Thema auch einen Anteil an Aufstellungsarbeit enthalten, bekam ich die Idee, meine Situation mit den entsprechenden "Mitspielern" auf Papier zu gestalten und zu harmonisieren. Man braucht also nicht unbedingt  Steine, Tierfiguren, Holzmännchen oder menschliche Vertreter dazu. Ich lernte noch mehr über meinen Schlaf und seine Störfaktoren als je zuvor. Viele meiner neu erworbenen und versteckten Glaubenssätze konnte ich aufdecken und in Heilung geben. Jeden Tag kamen mir neue Erkenntnisse, mit denen ich erneut aufstellte. Mit meinem heutigen Wissen hätte ich diesen langen Weg enorm abkürzen können. Aber erholsamer Schlaf scheint eine der großen zu lösenden Aufgaben meines Lebens zu sein, und die einzelnen Stationen haben mich wachsen lassen. Heute ist mir noch klarer, wie alles miteinander verbunden ist und zusammenhängend existiert. Auch wenn es harte, schlaflose Zeiten in meinem Leben gegeben hat, und vielleicht in Ansätzen auch immer noch mal geben wird: Ich habe unendlich viel gelernt und kann andere Menschen bei ihren eigenen Herausforderungen noch effektiver begleiten. Alles kann leicht sein, auch wenn es auf den ersten und auch zweiten Blick nicht so aussieht. Und dafür bin ich sehr dankbar :-)

 

Vielen Menschen ist der Schlaf durch den heutigen alltäglichen Stress abhanden gekommen. Aber es gibt auch tiefliegendere Gründe, die in Zeiten hineinreichen können, die weit in unserem Unterbewusstsein liegen bzw. Zellsystem verankert sind. Wenn wir an dieser Stelle Licht ins Dunkle bringen, an Orte und Zeiten, an die wir keine bewusste Erinnerung haben, können wir die alten Geschichten auflösen und uns selbst befreien. 

 

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